Hallo meine Lieben, Frohe Weihnachten und ein tolles,
erlebnisreiches neues Jahr 2014 erst einmal! Hier bin ich wieder, mit einem
ganzen Sack voller Geschichten, Gedanken, Einsichten und Aussichten die
niedergeschrieben wollen! Los geht’s mit Weihnachten mal anders….als erwartet.
Wann brauche ich Deutschland, meine Familie und die
gewohnten Traditionen?- Dieses Jahr nicht! - Falsch gedacht- und schon wurde am
1. Advent ein Adventskranz gebastelt. Adventskranz: zwar Weihnachten, aber
trotzdem anders, mit Banane- und Kokospalmenblättern, getrockneten Schoten und
natürlich 4 Kerzen, gehalten von leeren Kokosnüssen, aus dem Shop nebenan.
Mein erster schritt mich auf die Geburt Jesu
vorzubereiten…und danach kam lange Zeit nichts mehr.
Gewohnter Alltag- den ich aber mit Geschenkideen kurz vor
Weihnachten unterbrach: Orangenmarmelade hatte ich schon eingekocht und süß
verpackt, nun kamen noch Weihnachtsplätzchen hinzu. Weihnachtsplätzchen sind hier vollkommen
unbekannt, dafür gibt es leckeren, braunen Gewürz- und Nusskuchen der- von
jeden- an jeden- verschenkt wird. In der Stadt hatte ich mit einigem Suchen
alle Zutaten zusammen die man für das Mürbeteigrezept „ein Teig- 10 Plätzchen“
aus der Brigitte braucht. Als Butterersatz (ich habe nämlich noch keine
ungesalzene gefunden) tut es Apfelmus. Im benachbarten Hostel, das einen
richtigen Oven hat, hatte ich mich angekündigt und wurde von 5 spannend
wartenden Schwestern herzlich erwartet. Nach einigem Erklären, rum Überlegen,
Sachen zusammen Gesuche hatte ich eigentlich gar nichts mehr zu tun: Alle
Schwestern waren beschäftigt mit Mehl sieben, Teig kneten, Nüsse reiben,
Datteln (als Zusatz zu den Rosinen) zerkleinern, Schokolade schmelzen, und,
und, und. Als ein Blech nach dem anderen meiner 4. Ausgewählten Plätzchensorten
schließlich im Oven verschwanden, stand auch noch die letzte, geduldigste
Oberschwester davor und grübelte über die Backdauer.
Fazit: die Plätzchen waren OK, manchmal hat selbst eine
Oberschwester nicht recht mit der Zeit, das Hostel will bald einen zweiten
Anlauf nehmen, mit den Schwestern kann man echt Spaß haben, und die Beschenkten
haben sich riesig gefreut und sehr schnell unsere Tagesarbeit aufgegessen ;)
Eine kurze, sehr schöne Unterbrechung gab es bei der ganzen
Aktion: bei Dunkelheit klingelte es plötzlich an der Tür: die erwarteten Carolsänger.
Eine Gruppe Jugendlicher aus der Gemeinde ziehen vor Weihnachten zusammen mit
dem Pastor zu den verschiedenen christlichen Einrichtungen und auch
Privathäusern. Einer war als Nikolaus (mit schrecklicher hellheutiger
Nikolausmaske aus Plastik)verkleidet und zusammen mit den Sängern wurde im
Hausflur Lieder auf English und Hindi gesungen, wild getanzt und gute Laune
verbreitet. Mit ein wenig Geld und/oder Stärkung gehts dann weiter durch die Nacht.
Zwischen den Tänzern und Sängern und natürlich Santa Klaus |
Und endlich fingen auch die Weihnachtsvorbereitungen in der
Schule an! Eines Tages in der Freistunde, in der ich mir auf dem Flachdach der
Schule ein zweites Frühstück gönnte, fand ich endliche unserer Busfahrer am Lichterketten
zusammenbauen und nachschauen. Wie mir der Direktor nachher erklärte als ich
nach den Kosten der gewaltigen und in allen Farben blinkende
Weihnachtsbeleuchtung fragte, sei es günstiger einzelne Lämpchen und Kabel zu
kaufen als fertige Lichterketten, und so wurde vier Tage lang von bestimmt 6
Männern- und manchmal auch mir, Drähte geknipst, Isolierung entfernt und
Lämpchen befestigt. Am Ende wurden die vielleicht 50 Lichterketten an der
gesamten Schulfassade entlang angebracht, inklusive dem Nachbargebäude, alle in
verschiedenen Farben und in verschiedenen Frequenzen blinkend, und inklusive
dreier vielleicht 6 Meter hohen Drahtsternen ebenfalls mit Lichterketten
versehen auf dem Schuldach- und ich beschwere mich über die fehlende
Weihnachtsstimmung;)
Damit auch die geplante Krippe draußen in einer Ecke des
Schulhofes passend zur großen Weihnachtsfeier am 23. fertig wird, treffen sich
in den Tagen vorher einige der männlichen Lehrer nachts, um beleuchtet von
hellen Bauscheinwerfern die Erde umzugraben, Styropor-Ziegel zu schnitzen, eine
keine Hütte aus Bambus und Stroh zu bauen und alles ordentlich mit Graß und Heu
zu verschönern. Einige Abende half ich mit und wurde so offiziell ins
Krippenebau- Komitee geladen, welches den späten Abend mit Tee und Kuchen und
auch mal mit einen leckeren Essen in der
Küche beschließt. Passend am 23. war auch fast alles fertig und noch am
Vormittag wurden Palmen und Büsche mit bunten Kugeln, Plastikanhängern, weiter
Lichterketten und einer Menge glitzerndem Lametta verfeinert.
Schon am Morgen den 23. trafen sich auch unsere
schuleignende Carolsänger um ihre bereits am Vortag einstudierten
Weihnachtslieder über Jingle-bell bis hin zu ruhigen Hindiliedern in die Schule
heraus zu singen. Noch schnell wurden Stoffbärte angeklebt und Bäuche gebastelt
und schon ging es in Teams in die verschiedenen Klassen, begleitet von Gejubel
und einem Stückchen vegetarischem Weihnachtskuchen für jeden.
Das war’s auch schon an Weihnachten für die Schüler,die bis
zum 27. ihre Winterferien genießen konnten, vorausgesetzt natürlich es wird
nicht in den wenigen christlichen Familien Heiligabend zelebriert.
Für die 9 Schüler meines Deutschkurses gab er aber noch eine
kleine Besonderheit: für heute war eine kleine Weihnachtsfeier mit Essen,
heißem Kakao und Fotos und Geschichten vom Weihnachten im fernen Deutschland.
Passend am Morgen ist auch ein Packet von meinen Eltern angekommen, in welches
natürlich ganz vorsichtig schon einmal geschaut wurde und die Spekulatius
entwendet wurden ;) So gab es also heiße Schokoladen, Samosas und deutsche
Spekulatius zu den Weihnachtsritualen und Geschichten aus Deutschland (die
Fotos konnten leider wegen Stromausfall erst nach Weihnachten gezeigt werden)
und in meine Weihnachtsferien wurde ich ganz süß mit „Frohe Weihnachten, mam“
entlassen
unsere Weihnachtswichtel |
Schon den ganzen Tag wurde hinter der Schule von externen
Kochen fleißig Gemüse geschnippelt und vorbereitet- für die große Lehrer mit
Familien Weihnachtsfeier am Abend. In der Konferenzhalle half ich mit einen
große Weihnachtstanne zu schmücken, Luftballons zu befestigen und Stühle zu
rücken.
Und schon war es 6 Uhr und Lehrerinnen in neuen Saris und
Lehrer, Ehemänner und Kinder, hergerichtet wie kleine Prinzessinnen und
Prinzen, strömten zur Schule. Es gab Reden über die Geschichte von Weihnachten,
in Glitterpapier eingepackte Geschenke wurden in Spielen an Groß und Klein
verlost und Lieder gesungen. Für jeden Staffmitglied gab es eine Timer und eine
Wandkalender mit dem Logo der Schule, die Busfahrer und Frauen die in der
Schule auf den Fluren sitzen, Papiere rum bringen und nach Unterrichtsschluss
putzen, bekamen Hemden und Saries. Als Höhepunkt wurde die Bibel vom
improvisierten Altar geholt, ein Vater las daraus vor und unter dem wunderbaren
Weihnachtsgesang einer Lehrerin wurde das Jesuskind vom Altar nach draußen in
die Krippe gebracht. Es war echt ein richtig schöner feierlicher Moment!!
Danach ging es in die Klassenräume, wo ein langes Buffet aus Reis,
verschiedenen Currys, Chapatti, Dahl und Süßspeisen auf uns wartete.
An langen Tischen wurde zusammen gegessen, geredet und
gelacht. Es wurde ein richtig schöner Abend! Um 11 verabschiedeten sich dann
alle, es wurde sich gedrückt, frohe Weihnachten gewünscht und über die
Geschenke gefreut…und ich half noch ein bisschen aufräumen.
Geschenke über Geschenke über Geschenke..und alle wurde verlost |
Weihnachtsgesänge, Lichterketten- und plötzlich war eine wunderbare Weihnachtsstimmung da! |
Schon am nächsten Tag brachte mich Vater Santhos nach
Bacheli, eine andere Stadt ca. 3 Autostunden von Jagdalpur zu einer
befreundeten Familie, die mich über Weihnachten zu sich eingeladen hatte.
Obwohl wir uns kaum kannten (ich hatte nur einen Tag mit ihnen verbracht einige
Monate vorher) habe ich mich super gefreut sie wieder zu sehen, und sie sich
ebenfalls! Marie, Biju und die zwei Töchter Shnea (14) und Steffi (7) wohnen in
einem ganz einfachen, engen, kleinen Haus in einer Kolonie die von dem größten
Arbeitgeber der Region gestellt wird, ein Eisenabbaufirma (Berge versetzen)
Nach einer herzlichen Begrüßung, leckerem Essen und einer Menge Gesprächen geht es auch schon los zur Kirche (die zuvor sowohl von außen
über und über mit bunten Lichterketten- das scheint hier echt Trend zu sein-
als auch von innen mit Ballons, Girlanden und einer wunderschönen Grippe von
der Gemeindejugend geschmückt wurde) um auf dem Platz nebenan eine
Gemeindeweihnachtsfeier zu halten. Sowohl Steffi als auch Shnea waren bei den
Tänze und Chorgesänge beteiligt und hüpften zusammen mit den anderen Tänzern in
weißen Engelskleidchen aufgeregt hinter der Bühne. Marie führte durchs
Programm, Ehrengäste erschienen und hielten Reden- teils auf English aber größtenteils
auf Hindi, es wurde getanzt, wunderschön gesungen und auch ich ’durfte’ auf die
Bühne um eine Rede zu halten. Da ca. 80% der Anwesenden aber kein English
verstehen wurde diese später noch auf Hindi übersetzt und bekam sogar Lob.
Krippe auf Indisch |
meine Weihnachtsengel |
Nach dieser kleinen aber sehr schönen Weihnachtsfeier für
die Gemeinde ging es wieder nach Hause für kurze Zeit um sich umzuziehen (zur
Feier des Tages hatte ich mich noch einmal für meinen roten Sarie entschieden,
den man aber unter der Strickjacke gar nicht sehen konnte) und zu essen, um
dann pünktlich um 10 wieder in der Kirche zur Weihnachtsmesse zu erscheinen.
Die Messe an sich war nicht besonders feierlich, aber ich verstand die Predigt
in Hindi ja auch nicht. Besonders schön waren allerdings die Trommler und Sänger
die die Lieder mit ihren ursprünglichen Tönen begleiteten. Leider war mir nicht
so gut (falsches Essen oder so) und ich konnte die ganze Zeremonie nicht
richtig genießen.
Nach der messe wurde sich auf dem Kirchvorplatz herzlich
gedrückt, Küsschen links Küsschen rechts und frohe Weihnachten gewünscht. So
oft gedrückt und geküsst wie vor dieser indischen Kirche nach der
Weihnachtsmesse wurde ich noch nie! Trotz dem lieben Angebot doch bedingt durch
meine gesundheitlichen Umstände schon nach Hause zu gehen, wollte ich aber den
weitere Verlauf den Abend nicht verpassen, der mir mit wilden Tänzen die ganze
Nacht beschrieben worden war- und so kam es auch, zwar anders als gedacht aber
total schön!
Als alle fertig gedrückt, umarmt und geküsst waren,
Weihnachtsgeschenke an gute Freunde ausgetauscht waren und die Weihnachtskuchen
gegessen war, der der Pastor am Eingang verteilte trafen sich die Trommler in
der Mitte des Platze und stimmten Trommellieder der Völker hier aus den Wäldern
an. Chattisgarh (der Staat in dem ich zurzeit wohne) bestehe auch fast 80%
Urwald mit vielen kleinen, zum Teil noch unerforschten Völkern mit eigenen
Religion und manchmal sogar eigener Sprache. Um ihre Produkte wie Gemüse oder
Waldprodukte zu verkaufen, kommen die Frauen am Sonntag auf die Märkte der
näheren Städte. Auch zu Festivals pilgern die ’Tribal people’ nach Jagdlapur. Dabei zeigt jeder Stamm seine
eigenen Tänze mit verschiedenen fantasievollen Kostümen, Tanzschritten und eben
den genannten Trommler die meist in der Mitte des Kreises auf ihren
hölzernen----- Trommeln den Takt angeben.
In diesem Fall waren die Trommler zwei Jugendliche aus der
Stadt und sobald diese anfingen, bildeten die anderen Jugendlichen auch schon
zwei Halbkreise um sie, indem sie sich an Händen oder Hüften fassten. In
verschiedenen Richtungen würde dann mit mal einfachen, mal komplizierteren
Schrittfolgen und zum eingehenden Takt der Trommeln getanzt. Auch die Älteren
bildeten größere Außenkreise, einer fing an mit einer Schrittfolge and alle
anderen stiegen mit ein. Als ich einige Zeit mit Marie und Biju im Außenkreis
getanzt hatte und mich schnell an takt und Schritfolgen gewöhnte, wurde ich
herzlich bei den Jugendliche empfangen und wir tanzten immer schneller und mit
umfangreicheren Schrittfolgen im Kreis. Es ist ein Riesenspaß sich zu diesem ursprünglichen
Trommelrhythmus in einer Gruppe, Hand in Hand zu bewegen. Die Schritte werden
nach kurzer Zeit eingängig und wenn’s einem langweilig wird, fängt man einfach
mit einer neuen Schrittfolge an und die anderen steigen nach kurzer Zeit ein.
Nass geschwitzt gab es in der Pfarrküche Wasser, Tee und
noch mehr Weihnachtskuchen und um 3 in der Frühe ging es wieder den kurzen weg
zurück zum Haus, wo ich dann doch noch eine deutsche Tradition aufleben ließ
und meine mitgebrachten Weihnachtsgeschenke unter die kleine, vollgehängte
Plastiktanne legte.
mein erstes Weihnachten mit traditionellen Tänzen -man könnte sich dran gewöhnen;) |
Weihnachtskuchen |
Das war also meine Weihnachtsgeschichte 2013 in Indien, mit
guten Freunden, der wärme einer Familie, traditionell- untraditionell, aber auf
jeden Fall ein unvergessliches Erlebnis in meinem Auslandsjahr hier in Indien.
Namastem bis bald und mein Neujahrmotto für euch, was ich
bei einer ebenfalls überraschend schönen Silvesterfeier als Tatoo auf den
Fußknöcheln eines Freundes gefundne habe:
Keep walking, keep questioning
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